-
Notifications
You must be signed in to change notification settings - Fork 0
/
technische-prozesse.tex
executable file
·179 lines (158 loc) · 9.5 KB
/
technische-prozesse.tex
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
90
91
92
93
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
104
105
106
107
108
109
110
111
112
113
114
115
116
117
118
119
120
121
122
123
124
125
126
127
128
129
130
131
132
133
134
135
136
137
138
139
140
141
142
143
144
145
146
147
148
149
150
151
152
153
154
155
156
157
158
159
160
161
162
163
164
165
166
167
168
169
170
171
172
173
174
175
176
177
178
\section{Wichtige Großtechnische Prozesse}
\subsection{Schwefelsäureherstellung}
\begin{enumerate}
\item Verbrennung von Schwefel zu $SO_2$
\item Oxidation von $SO_2$ $\quad \chemie{SO_2} \chemie{EQUILIBRIUM}{V_2O_5}{400..600°C} \chemie{SO_3} \qquad \Delta H_R = - 99 \frac{kJ}{mol} $
\item $SO_3$-Absorption an Wasser $\quad \chemie{SO_3} \chemie{PLUS} \chemie{H_2O} \chemie{GIVES} \chemie{H_2SO_4} \qquad \Delta H_R = - 132,5 \frac{kJ}{mol} $
\end{enumerate}
\subsection{Methanolherstellung}
\[ \chemie{CO} \chemie{PLUS} \chemie{2 H_2} \chemie{EQUILIBRIUM} \chemie{CH_3OH} \qquad \Delta H_R = - 92 \frac{kJ}{mol} \]
\subsection{Ammoniakoxidation}
\[ \quad \chemie{NH_3} \chemie{PLUS} \chemie{5O_2} \chemie{EQUILIBRIUM}{Pt-Netz}{ca. 900°C} \chemie{4NO} \chemie{PLUS} \chemie{6H_2O} \qquad \Delta H_R = - 906 \frac{kJ}{mol} \]
sehr stark exotherm $\rightarrow$ Kontaktzeit: $1/1000\,s$ (!)
\subsection{Ammoniakherstellung}
Der aufwändigste Teil ist hierbei die Bereitstellung des Synthesegases!
Dieses wird in mehreren Schritten ausgehend von Methan hergestellt:
\subsubsection{Steam-Reforming}
\[ \chemie{CH_4} + \chemie{H_2O} \chemie{EQUILIBRIUM} \chemie{CO} + \chemie{3 H_2} \qquad \Delta H_R = 206 \frac{kJ}{mol} \]
Stark endothermer Prozess, welcher im Radiation-Convection-Oven durchgeführt wird.
\subsubsection{Luftzugabe - Autothermal-Reforming}
\[ \chemie{H_2} + \chemie{O_2}_{Luft} \chemie{EQUILIBRIUM} \chemie{H_2O} \]
Dient in Stand-Alone-Anlagen dazu, den Stickstoff bereitzustellen. Der Sauerstoff wird in einer Knallgasreaktion verbraucht.
Die ebenfalls anwesenden Edelgase sind inert. In integrierten Anlagen mit Luftzerleger wird oftmals direkt $N_2$ zugegeben.
\subsubsection{Wasser-Gas-Shift}
\[ \chemie{CO} + \chemie{H_2O} \chemie{EQUILIBRIUM} \chemie{CO_2} + \chemie{H_2} \qquad \Delta H_R = -41 \frac{kJ}{mol} \]
Hier ist zur Verschiebung des Gleichgewichts eine übermässige Zugabe von Wasser notwendig. Da die Reaktion leicht exotherm ist,
muss die Temperatur niedrig gehalten werden. Technisch wird meist ein High-Temp und ein Low-Temp Reaktor mit intermediärer Kühlung realisiert.
\subsubsection{Entfernung von $CO_2$}
Das entstandene $CO_2$ wird durch das {\sc Rectisol}-Absorptionsverfahren (Methanol als Absorbens bei sehr niedrigen Temperaturen $-75 °C$ und $25 bar$) abgetrennt.
\subsubsection{Methanisierung}
\[ \chemie{CO} + \chemie{3 H_2} \chemie{EQUILIBRIUM} \chemie{CH_4} + \chemie{H_2O} \qquad \Delta H_R = - 206 \frac{kJ}{mol} \]
Die stark exotherme Reaktion wird bei 620K / 30bar wird durchgeführt, um das Katalysator-Gift $CO$ in den ppm-Bereich abzusenken.
\subsubsection{Ammoniaksynthese}
\[ \chemie{N_2} \chemie{PLUS} \chemie{H_2} \chemie{EQUILIBRIUM} \chemie{2 NH_3} \qquad \Delta H_R = - 91 \frac{kJ}{mol} \]
Optimierungsproblem zwischen Temperatur (hoch: wenig $NH_3$, niedrige: Reaktionsgeschwindigkeit sinkt) und Druck ($100-300 bar$).\\
Als Katalysatoren dienen, sehr ähnlich denen von Haber/Bosch gefundenen, immer noch Eisen-basierte Mischungen.\\
In der Praxis wählt man 675K am Inlet und 720..770K am Outlet bei 100..300bar. Auf Grund der Exothermie ist eine Kühlung notwendig.
Hier wählt man meist Hordenreaktoren mit direkter oder indirekter Kühlung.\\
Durch die geringen Umsätze (20..30\%) wird das Synthesegas im Loop gefahren. Hierzu wird das entstandene $NH_3$ kondensiert und abgezogen, während der Rest rückgeführt wird. Technisch bieten sich verschiedenste Varianten der Verschaltung.
\subsection{Steamcracking}
\begin{itemize}
\item Das Streamcracken dient der Herstellung von kurzkettigen Alkenen aus unreaktiven Alkanen
\item Der Dampf dient als Verdünnungsmedium, um höhere Umsätze (vgl {\sc Le Chatelier}) zu erzielen
\item Streamcracking erzeugt einen {\it Zoo von Produkten}, deren Anteile je nach Betriebsbedingung stark variieren
\end{itemize}
\subsubsection{Thermodyn. Aspekte}
\begin{itemize}
\item Steamcracking ist stark endotherm $\rightarrow$ Hohe Temperaturen
\item Je höher die Temperatur, desto kurzkettiger die Alkene
\end{itemize}
\subsubsection{Mechanismus}
Der Prozess folgt einer Radikalkettenreaktion ohne Katalysator.
Start:
\[ H_3C\,CH_3 \chemie{GIVES} 2\, H_3C\cdot \]
Fortpflanzung:
\[ H_3C\cdot + H_3C\,CH_3 \chemie{GIVES} H_3C\,\dot{C}H_2 \]
\[ H_3C\,\dot{C}H_2 \chemie{GIVES} H_2C=CH_2 + H\cdot \]
\[ H\cdot + H_3C\,CH_3 \chemie{GIVES} H_3C\,\dot{C}H_2 \]
Abbruch: Rekombination beliebiger Radikale.
\subsubsection{Kinetik}
Streamcracken ist Reaktion 1. Ordnung: $r \sim p_{Feed}$.\\
Aber: hoher $p_{Feed}$ begünstig Zweitreaktionen und die Bildung von Verkokungsprodukten. Zudem wird die Einstellung des Gleichgewichts nicht begünstigst.\\
$\rightarrow$ Partialdruck und Umsatz gering halten! Reaktivität beim Cracken steigt mit C-Zahl.
\subsubsection{Industrielle Ausführung}
Aus den Vorüberlegungen folgt:
\begin{itemize}
\item hoher Wärmeübergang, hohe Temperatur
\item geringer Partialdruck
\item kurze Kontakt-/Verweilzeiten
\item schnelles Quenchen, um Zusammensetzung zu erhalten
\end{itemize}
Daraus ergibt sich das Bauprinzip des Radiation-Convection-Ovens.
\begin{itemize}
\item Vorwärmen (auf $~ 870K$) von Naphta ($C_8...C_{10}$-Schnitt, Sp. $50...180\,°C$) in der Konvektionszone
\item Kurze Kontaktzeit ($< 1s$) bei sehr hoher Temperatur ($~ 1120K$) in der Radiation-Zone
\item Quenchen auf etwa $700K$
\item $Re$-Zahlen von $10^6$, Länge der Rohre 50-200m.
\end{itemize}
\subsection{Fischer-Tropsch-Synthese}
Das in den 20er Jahren von {\sc Fischer} und {\sc Tropsch} am Kaiser-Wilhelm-Institut entwickelte Verfahren dient dazu aus Synthesegasen beliebiger Herkunft (Erdgas, Kohle, Biomasse: "BTL-Diesel", ...) aliphatische Kohlenwasserstoffe zu erzeugen.
\subsubsection{Mechanismus}
\[ CO + 2 H_2 \chemie{GIVES}{Fe,Co}{200-350°C\\25bar} -(CH_2)_n- + H_20 \qquad \Delta H_R = -152\frac{KJ}{mol}\]
Auch wenn der Mechanismus nicht in letzter Wahrheit geklärt ist, wird wohl folgendes ablaufen:
\begin{itemize}
\item Adsorption $CO$
\item Dissoziation $CO$
\item Dissoziative Adsorption von $H_2$
\item Transfer $2 H$ an Kohlenstoff
\item Transfer von $2 H$ an Sauerstoff
\item Desorption von $H_2O$
\item Bildung einer $C-C$-Bindung
\item Desorption des Alkans
\end{itemize}
Hierbei bestimmt die Kennzahl $\alpha$ die Kettenlänge:
\[ \fbox{$ \displaystyle \alpha = \frac{k_{growth}}{k_{growth}+k_{diss.+hydr.}} $} \]
$\alpha$ ist abhängig von Temperatur, $CO/H_2$-Verhältnis, Druck, Art des Katalysators, Promotoren.\\
Bei $\alpha < 0,85$ werden eher $C_5..C_{10}$ erzeugt, bei $\alpha > 0,85$ eher Wachse.
\subsubsection{Katalysatoren}
Für die FT bieten sich Eisen, Cobalt, Nickel und Ruthenium als Katalysatoren an.
In der Praxis werden aber nur Eisen und Cobalt verwendet, da die Gefahr der Austragung bei Nickel hoch ist (Carbonyl-Nickel!) und Ruthenium als seltenes, teures Material nicht in großen Anlagen eingesetzt werden kann.
\subsubsection{Reaktoren}
Grundsätzlich muss bedacht werden, dass die Reaktion exotherm ist. Somit muss die entstehende Wärme zuverlässig abgeführt werden, da Hot-Spots zu einer schnellen Desaktivierung des Katalysators führen und zudem vermehrt Methan gebildet wird.
Man unterscheidet zwischen Low-Temp und High-Temp FT-Synthese:
\begin{table}[H]
\begin{tabular}{l|c|c}
& \bf Low-Temp & \bf High-Temp \\ \hline
Temperatur & 220..250 & 330..350 \\
Methan \% & 2..5 & \bf 10..11 \\
$C_2$..$C_4$ Olefine & 5 & \bf 24..27 \\
$C_2$..$C_4$ Paraffine & 5..7 & \bf 7..10 \\
$C_5$..$C_{11}$ Benzin & \bf 18..22 & \bf 37..40 \\
$C_{12}$..$C_{18}$ Diesel & \bf 14..15 & 5..11 \\
$> C_{19}$ & \bf 41..52 & 4..8 \\
Hydrophile & 3 & 5..6 \\
Org. Hydrophob Sre. & traces & 1 \\
\end{tabular}
\end{table}
Als Reaktoren werden in der Praxis realisiert.
\paragraph{Synthol}
Zirkulierende Wirbelschicht für HT-FT-Synthese.
Kennzeichen:
\begin{itemize}
\item Hohe Gasgeschwindigkeit
\item Kleine Katalysator-Körner ($100 \mu m$-Bereich)
\item Zwei Kühlzonen im Riser
\item Klassisches Verfahren seit 1955
\end{itemize}
\paragraph{Sasol Advanced Synthol}
Stationärer Wirbelschichtreaktor für HT-FT-Synthese.
\begin{itemize}
\item Wesentlich einfachere Konstruktion
\item Geringerer Druckverlust
\item Höhere Kapazität
\item Katalysator permanent im Reaktor
\end{itemize}
\paragraph{ARGE}
Festbett-Multitubular-Reaktor für LT-FT-Synthese.
\begin{itemize}
\item Geringer Umsatz pro Durchlauf, um moderates Temperatur und Konzentrationsprofil entlang des Rohres zu realisieren
\item Wärmeabfuhr durch Wasserverdampfung
\item Aktuell 2050 Rohre mit 12m Länge bei 5cm Innendurchmesser
\end{itemize}
\paragraph{Slurry}
Slurry aus hochsiedenden Wachsen, in welchem Katalysator "rumschwimmt" und Gas eingeblasen wird.
\begin{itemize}
\item Einfache Bauweise
\item Isothermie durch Kühlschlangen
\item Geringer Druckverlust
\item Optimale Umgebung für Katalysator
\item Kontinuierlicher Wechsel des Katalysators möglich
\end{itemize}
\subsubsection{Bedeutung}
Um einen Schnitt mit möglichst wertvollen Produkten zu erzielen, muss eine hohe Selektivität eingestellt werden.\\
Hier kann das Beispiel der 1-Olefine genannt werden, welche einen 6x höheren Marktpreis als Benzin erzielen. Diese
können optimal in einer Wirbelschicht mit Fe-Katalysator erzeugt werden (70\% 1-Olefine in $C_5$..$C_{10}$-Fraktion!).\\
Besonders reizvoll ist die hohe Reinheit der Produkte, welche die einzelnen Fraktionen für Einsatz in Polymer-Herstellung oder
auch für Hochleistungskraftstoffe ("Shell-V-Power") oder Ultra-Low-Sulfur-Diesel prädestiniert. Hierzu wird z.B. eine LT-FT genutzt, hinter
welcher ein Hydrocracker geschaltet ist, so das bis zu 80\% Ausbeute erzielt werden kann.\\
Eine andere Variante ist, statt Erdgas als LPG/LNG zum Markt zu transportieren, einfach eine FT zu nutzen.